Wohin mit dem Ersparten?

Die Zeiten sind schwer für Sparer. Wohin mit dem Ersparten? Auf dem Sparbuch gibt es keine Zinsen. Zusätzlich entwertet die Inflation schleichend die Sparguthaben. Was also tun?

Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob die Zinsen für Sparguthaben in den kommenden Jahren steigen werden. Naturgemäß ist das ein Blick ins Ungewisse. Dennoch lassen sich realistische Annahmen treffen. Meine These ist, dass Verzinsungen auf Sparguthaben jeglicher Form noch auf Jahre hinweg sehr niedrig bleiben werden.

Alleine der Umstand, dass steigende Zinsen im Euroraum viele der (hochverschuldeten) Südländer in erhebliche Bedrängnis bringen würden, wird dies verhindern. Deren Schuldendienst würde stark ansteigen. Auch würde sich die Frage aufdrängen, ob deren Staatshaushalte diese Zahlungslasten würden tragen können. Also wird zunächst alles beim alten bleiben (= niedrige oder negative Zinsen).

Die Zinsen werden noch sehr lange sehr niedrig bleiben

Durch die niedrigen Zinsen werden also die Staatshaushalte ohne jede Anstrengung erheblich entlastet. Bisher wurde dieser finanzielle Spielraum allerdings meist nicht zum Tilgen von Schulden, sondern zur Neuverschuldung genutzt. Damit verschärft sich das Problem eventuell zukünftig steigender Zinsen. Die Sparer können also mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es auch zukünftig billiges Geld geben wird. Gute Zeiten für Kreditnehmer – schlechte Zeiten für Sparer!

Was also kann man als Sparer tun?

Option 1: Betongold

In „Betongold“ – also in den Erwerb von Immobilien zur Kapitalanlage investieren? Das machen zum einen viele schon. Zum anderen sind die Preise in Deutschlands Wachstumsregionen – wo also Immobilien gut vermietbar sind – durch die Decke gegangen (Q4 2009 bis Q1 2019 Index von 97 auf 159), was einer Steigerung von ca. + 64% entspricht. Das Preisniveau ist also hoch.

Dies kommt auch in der Faustformel vom „Mietmultiplikator“ zum Ausdruck. Hierfür dividiert man den Kaufpreis der Immobilie (einschließlich aller Erwerbsnebenkosten) durch die jährliche Nettomiete. Ergibt sich beispielsweise der Multiplikator von 25, dann heißt das, dass die jährliche Bruttorendite bei 4% (100 / 25 = 4) liegt.

„Betongold“ ist mit Vorsicht zu genießen

Was zunächst viel klingt, ist aber nicht viel, weil Abschreibungen (2%), Kapitalkosten bei Fremdkapitalfinanzierung (je nach Bonität zwischen 1 und 4%), laufende Instandhaltungskosten (meist über 1%) sowie Risiken (z. B. Mietnomaden, Berliner Mietendeckel) abgezogen werden müssen.

Damit dürften Multiplikatoren oberhalb von 20 (entspricht also einer Bruttorendite von 5%) meist das Gegenteil dessen bewirken, was man will: nämlich sein Geld rentierlich anzulegen und zu vermehren. Anders ausgedrückt: Man kauft ein Verlustgeschäft mit viel Arbeit und Ärger obendrein. Wem es also nicht gelingt, eine Immobilie zu einem hinreichend niedrigen Kaufpreis und hinreichendem Wertentwicklungspotenzial zu erwerben, für den ist die Investition des Ersparten in eine Immobilie als Kapitalanlage meist keine gute Idee.

Mittlerweile werden in einigen Ballungsräumen Deutschlands Immobilien mit einem Multiplikator von 30 und mehr angeboten. Wer hier zugreift, wird wenig Freude haben. Er ließe sein Geld besser auf der Bank. Anderes gilt nur, wenn Sie die Immobilie für sich selbst benötigen (z. B. für ein mietfreies Wohnen im Alter) oder wenn Sie bereit sind, einen Liebhaberpreis zu bezahlen. Hier verlässt uns die reine Betriebswirtschaft, weil man das gute Gefühl, in den eigenen vier Wänden zu wohnen, es sich schön einrichten zu können und wohlzufühlen, monetär nicht bewerten kann. Finden Sie also Ihren Immobilientraum und können Sie ihn sich leisten, dann greifen Sie zu. Dann machen Sie zwar immer noch „Defizit“. Sie haben dann aber zumindest selbst etwas davon und subventionieren nicht ihre Mieter.

Fazit: Bei reinen Kapitalanlagen muss alles ungeschönt durchgerechnet werden. Das heißt auch, sich der langen Kapitalbindung (oftmals über Jahrzehnte hinweg) bewusst zu sein und mögliche (demografischen und sonstigen) Veränderungen hinsichtlich der Vermietbarkeit der Immobilie abzuschätzen. Das heißt auch, den erheblichen Instandhaltungsaufwand vollständig einzubeziehen, der sich zwingend aus einem solch langen Zeitraum ergibt. Ein Multiplikator oberhalb von 20 bedarf einer kritischen Prüfung

Option 2: Aktien

Aktien mit breiter Streuung sind die von vielen Experten und auch die von mir präferierte Variante. Aktien sind Sachwerte, weil Sie Anteile an einem real existierenden Unternehmen sind. Damit sind sie gewissermaßen inflationsgeschützt und überstehen auch Währungskrisen besser als Geld.

Wer Zeit hat, ist mit Aktien gut bedient

Allerdings kann man viel falsch machen, insbesondere dann, wenn Sie Finanzberater oder Banken fragen. Vielen ist nicht bekannt, dass der Vertrieb von Finanzprodukten mit teils erheblichen Provisionen verbunden ist. Wie also wollen Sie einen neutralen Rat erhalten, wenn der Berater in seinem Hinterkopf bereits die Rechenmaschine seiner Provisionen rattern hört?

Ein weiteres Problem ist die eigene Unkenntnis in die Interna der Unternehmen, in die man investieren will. Wie soll man wissen, ob es das „richtige“ Unternehmen ist und ob dessen Aktien keine Fehlinvestition sind? Diese im Einzelfall schwere Frage lässt sich bei gesamthafter Betrachtung lösen: Die Lösung liegt in der breiten Streuung der Aktien. Man muss darauf vertrauen, dass die ausgewählte Gesamtheit der Unternehmen insgesamt mehr richtige als falsche Managemententscheidungen trifft. Damit werden falsche Managemententscheidungen durch gute Managemententscheidungen überkompensiert. Das heißt nichts anderes, als dass dann insgesamt der Wert der Unternehmen steigt und damit in Folge auch der Kurs der Aktien.

ETF sind bei breiter Streuung eine sinnvolle Anlageform

Der eine oder andere wird nun einwenden, dass man nicht auf dieser oben beschrieben philosophischen Meta-Ebene, sondern auf der Grundlage konkret verfügbarer Fakten urteilen sollte. Das ist nicht falsch, aber in praxi für „normale“ Investoren nicht leistbar. Wie soll man denn praktisch die 600 Unternehmen des Euro-Stoxx im Einzelnen beurteilen? Außerdem geht es um eine langfristige Kapitalanlage. Selbst wenn ein Unternehmen heute dasteht: Woher will man wissen, ob dessen Produkte in fünf Jahren ebenso gut nachgefragt werden wie heute? Man denke nur an die kurzen Produktlebenszyklen der iPhones. Dann wird klar, dass in fünf oder in zehn Jahren die heutigen Unternehmen einen maßgebenden Teil ihrer Umsatzerlöse mit Produkten machen werden, die es heute noch gar nicht gibt!

Meine Empfehlung besteht darin, sogenannte Exchange Traded Funds (ETF) zu kaufen. ETF’s sind börsengehandelte Papiere und bilden einen Aktienindex ab. Die Vorteile sind die breite Streuung über einen Aktien-Index und die damit verbundene Risikostreuung. Die Kursentwicklung der Papiere entspricht damit exakt der allgemeinen Indexentwicklung. Beispiel: Steigt der DAX um 10%, dann steigen diese Papiere auch um 10%, weil sie den Index abbilden.

Bei den ETF handelt es sich um „passiv“ gemanagte Fonds. Im Gegensatz zu „aktiv“ gemanagte Fonds werden nur die dem jeweiligen Index angehörenden Aktien gekauft und dann „liegengelassen“. Das erspart erhebliche Verwaltungskosten, die im sogenannten „TER“, einem Prozentwert, ausgedrückt werden. Dieser TER ist – was aufgrund des niedrigen Verwaltungsaufwands naheliegt – bei passiven Fonds sehr niedrig, schont also die Rendite.

Wer Zeit hat, übersteht auch Krisenzeiten mit ETF

Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass aktiv gemanagte Fonds im Vergleich zum Index regelmäßig nicht besser abschnitten, was eigentlich erstaunt. Für eine Anlagestrategie bedeutet das, dass es die breite Streuung über den Index schon richten wird und man sich auf passiv gemanagte Fonds beschränken kann. Die wichtigsten Fragen sind in nachfolgender Übersicht dargestellt:

Ein abschließender Hinweis für sicherheitsbewusste Sparer: Aktien und damit auch deren Indexe haben naturgemäß eine hohe Schwankungsbreite. Dies gilt vor allem bei Krisen. Wem das schlaflose Nächte bereitet, muss sie entweder durchstehen oder die langsame Kapitalvernichtung auf dem Sparbuch in Kauf nehmen.

Wer das Geld in den kommenden Jahren nicht benötigt (was typisch für den langfristigen Vermögensaufbau ist), hat damit Zeit, diese Krisen durchzustehen, bis sich die Kurse wieder erholt haben. Damit kann der Sparer davon ausgehen, langfristig eine ordentliche Verzinsung seines eingesetzten Kapitals zu erhalten.

Der Autor Andreas Moschinski ist Professor für Finanzen/Controlling an der Hochschule Koblenz und Geschäftsführer der Moschinski Consult GbR in Mainz.